Der Anbieter hat eine mängelfreie Leistung zu gewährleisten, Mängel sind in erster Linie kostenfrei zu beheben!
Die vertragliche Gewährleistung ist in den §§ 922ff ABGB geregelt und bestimmt die Haftung von Vertragspartnern für die Mangelhaftigkeit der erbrachten Leistung. Unter Mangel versteht man ein Abweichen der erbrachten Leistung von den vertraglich geschuldeten oder üb- licherweise vorausgesetzten Eigenschaften (siehe auch ->2.1.4 ). Gewährleistungspflichten bestehen selbstverständlich auch für neue Entwicklungen und Entwicklungsversionen.
Das österreichische Gewährleistungsrecht ist ein zweistufiges System. Primär ist dem schlecht erfüllenden Anbieter die Möglichkeit zur Verbesserung innerhalb einer angemessenen Frist zu geben, deren Aufwand bereits zwingend im Entgelt für die Leistung enthalten ist. Ist dies nicht möglich, da es sich um einen unbehebbaren4 Mangel handelt, kommen die sekundären Gewährleistungsbehelfe zum Zug: Preisminderung oder Wandlung (Auflösung des Vertrags). Wandlung ist jedoch nur bei „nicht geringfügigen“ Mängeln möglich, bei einem geringfügigen Mangel kann nur Preisminderung verlangt werden.
Die gesetzliche Gewährleistungspflicht beträgt in Österreich bei beweglichen Sachen zwei Jahre. Die Gewährleistungsfrist beginnt mit der vollständigen Ablieferung der Leistung.
Beschränkungen der Gewährleistungsplicht sind nur in Ausnahmefällen sachlich gerechtfertigt.
Die Beschränkung oder gar der Ausschluss der Gewährleistung ist in IT-Verträgen nahezu die Regel. Oft werden die Gewährleistungsbeschränkungen gekonnt in den AGB des Vertrages verschleiert. Die dabei angewandten Methoden reichen von der offenen Beschränkung, über ideologisch-rhetorische Argumente, Einführung von unterschiedlichen Fehler- und Mangelbegriffen, Einteilung der Software in Wartungsklassen und deren Umstufung bis zu Beschränkungen der Rechtsbehelfe und des Ersatzes der Fehlerbehebung durch neue Releases. Diese Art ist besonders beliebt bei standardisierter Software. Derartige Beschränkungen der Gewährleistungspflicht sind in vielen Fällen sittenwidrig und damit nicht gültig.
In der Praxis ergeben sich Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Umfanges der Gewährleistung dadurch, dass bestimmte Software-Pakete von der Wartung ausgeschlossen werden, z.B. weil deren Einführung in die Gesamt-Software bisher nicht erfolgreich durchgeführt wer- den konnte. Der Service-Anbieter tut gut daran, solche Teile von der Hauptleistungspflicht und damit auch von der Gewährleistung aus- drücklich auszuschließen. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn die Software nicht von ihm stammt und in der Dokumentation Eigenschaften versprochen wurden, die praktisch ohne grundlegende Änderung der Software nicht zu implementieren sind. Die Auswirkungen eines solchen Ausschlusses auf andere Teile der Software sind aber oft unvorhersehbar.
Eine der besonderen Schwierigkeiten des SaaS-Vertrags ist die Verschränkung zwischen Dauer- und Zielschuldverhältnis. Der über- geordnete Rahmen ist das Dauerschuldverhältnis, einzelne Leistungen jedoch können Zielschuldverhältnisse sein. Die gewährleistungs- rechtlichen Folgen sind zum Teil unterschiedlich. Um die richtige Zuordnung festzustellen, ist jeweils zu prüfen, wie sich ein Fehler auf diese beiden unterschiedlichen Schuldstrukturen auswirkt. So gibt es Fehler des Rahmenvertrags (Dauerschuldverhältnis), die als Fehler in der Einzelleistung in Erscheinung treten. Umgekehrt muss nicht jeder Fehler der Einzelleistung auch ein Fehler des Rahmenvertrags sein.
Unbehebbare Mängel im Dauerschuldverhältnis können (analog der Zinsminderung des § 1096 ABGB) durch Minderung des Entgelts bis zu einem bestimmten Grade ausgeglichen werden. Dies gilt jedoch nur für geringfügige unbehebbare Mängel. Ist der Fehler nicht geringfügig, dann bleibt nur die außerordentliche Kündigung, ev. einschließlich einer Schadenersatzforderung. Eine Minderung des Entgelts auf Null ist dem Service-Anbieter jedenfalls nicht zuzumuten, weil ja damit seine Leistungspflicht unentgeltlich für die Vertragsdauer aufrecht bliebe.
Mangel
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Gesamtleistung
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Einzelleistung
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Rechtsfolge
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Kommentar
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unbehebbar
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nicht geringfügig
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nicht geringfügig
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Wandlung der Einzelleistung, außerordentliche Kündigung des Gesamtvertrags
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Konkreter Wert der Einzelleistung ist zu ermitteln
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geringfügig
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nicht geringfügig
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Wandlung der Einzelleistung und Entgeltminderung der Dauerleistung
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Schwierig ist meist Bestimmung der konkreten Entgeltminderung für Dauerleistung durch Wegfall der Einzelleistung
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geringfügig
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geringfügig
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Entgeltminderung
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Bewertung der Einzelleistung in Geld notwendig, sowie Minderung des Entgelts für Dauerleistung (s.o.)
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behebbar |
nicht geringfügig
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nicht geringfügig
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Behebungspflicht und Entgeltminderung bis zur Verbesserung
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Entgeltminderung nach Paketen; auch hier kann die Bewertung der Einzelleistung schwierig sein
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geringfügig
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nicht geringfügig
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geringfügig
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geringfügig
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Nicht geringfügige unbehebbare Fehler führen im Regelfall zur Wandlung des Vertrages.
Mängel in den Einzelleistungen (Mängelbehebung oder Änderungen und Ergänzungen des Software-Pakets) haben je nach Art des Mangels verschiedene Rechtsfolgen. Nicht geringfügige unbehebbare Fehler führen im Regelfall zur Wandlung des Vertrages (wobei vom Gewährleistungsberechtigten immer auch die Preisminderung gewählt werden kann). Die Auflösung des Vertrags über die Einzelleistung ist bei einer SaaS-Vereinbarung jedoch nicht ohne weiteres möglich bzw. sinnvoll. So mindert eine nicht erbrachte Einzelleistung oft auch die gesamtvertragliche Leistung, ohne dass aber deswegen gleich auch der Gesamtvertrag aufgelöst werden soll. Eine Beschränkung der Rechtsfolgen auf die vereinbarte Einzelleistung greift also unter Umständen zu kurz, die direkte Ausdehnung auf den Gesamtvertrag hingegen zu weit. Zur Klärung der Rechtsfolgen sind daher immer auch die Bedeutung der konkreten Einzelleistung im Gesamtgefüge des Softwarepakets und die vereinbarte und erwartete Wirkung auf die Gesamtleistung zu beurteilen. Die oben dargestellte Tabelle gibt eine Übersicht über die möglichen Fälle und deren Wirkungen.
Problematisch ist die Wandlung der Einzelleistung, weil bei der Rückabwicklung der Einzelleistung der Kunde so zu stellen ist, dass gemäß § 921 ABGB zweiter Satz „…kein Teil aus dem Schaden des anderen Gewinn zieht.“ Dies bedeutet aber, dass dem Service-Kunden auch das bereits empfangene Entgelt zurückzuzahlen ist. Da in den SaaS-Verträgen meist ein laufendes Entgelt zu zahlen ist, kann der Einzelleistung nicht unmittelbar ein Teil des Entgeltes zugeordnet werden. Dies kann zu Streitigkeiten führen. Es ist daher dringend anzuraten, schon bei der Vertragsverhandlung diese Szenarien zu diskutieren und eine Formel der Entgeltbestimmung in den Vertrag aufzunehmen. Eine Vorwegregelung hilft die im Anlassfall wider- streitende Interessenlage auf eine für beide Parteien faire Weise ohne Gerichtsverfahren zu lösen.
Es wird auch in Erinnerung gerufen, dass die Gewährleistung verschuldensunabhängig ist. Liegt ein Verschulden für den Fehler vor, dann haftet der Anbieter über die Rechtsfolgen der Gewährleistung hi- naus auch für den verschuldeten Schaden z.B. an anderen Sachen oder im Vermögen des Kunden. Gemäß § 1298 ABGB hat der Anbieter zu be- weisen, dass ihn kein Verschulden am Fehler trifft. Er gilt überdies als Fachmann im Sinne des § 1299 ABGB und haftet daher nach Maßgabe der dafür vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten, auch wenn er diese persönlich nicht besitzt.
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