Schreyögg, Astrid (2002): Konfliktcoaching: Anleitung für den Coach. Frankfurt/Main: Campus Verlag GmbH
Konflikte haben in der Regel mehr als eine Ursache. Der Grund für einen Konflikt ist das Zusammenwirken verschiedener Faktoren. Diese Faktoren treten auf gewissen Ebenen auf: (1) gesellschaftliche Ebene (2) Organisationsebene (3) Interaktionsebene (4) Personale Ebene Ein Konflikt ist auf mindestens zwei dieser Ebenen verankert.
(1) Ursachen auf gesellschaftlicher Ebene Die These, dass die Gesellschaft Auslöser für die meisten Konflikte ist, findet sich sehr häufig in der Soziologie wieder. Da unsere Gesellschaft zu einem Großteil sehr multikulturell angelegt ist, entstehen organisatorische Konfliktpotenziale aus kultureller Divergenz. Auch der Niedergang des Sozialismus der Sowjetunion hat in der globalisierten Welt zu Konfliktpotentialen geführt. Diese lassen sich unter anderem in den Arbeiten der Soziologen Richard Sennett und Pierre Bourdieu finden.
(2) Ursachen auf organisatorischer Ebene Hauptsächlich Betriebswirte, Arbeitswissenschaftler und Organisationspsychologen verfolgen die These, dass Organisationsformen Konflikte in sich selbst erzeugen. Die formale Struktur Organisation legt die Befugnisse und Aufgaben fest. Menschen in Positionen mit ausschließlich beratenden Rechten sind solchen mit Entscheidungsbefugnissen in Auseinandersetzungen per Definition unterlegen. Da es für Menschen schwer ist, Konflikte auf einer rein rationalen Ebene zu durchleben, kann bei Arbeitnehmern mit wenig Entscheidungsbefugnissen durchaus Frustration entstehen. Wie in allen Bereichen, in denen Menschen interagieren, bilden sich auch in der Arbeitswelt Verhaltensmuster aus, die überwiegend emotional begründet sind. Dadurch entstehen informelle Strukturen, die der formalen Organisation nicht entsprechen. In jeder Organisation gibt es zudem sogenannte Organisationskulturen, die ganz spezifische Symbolsysteme mit einer jeweiligen Sprache, Kleidung, mit Firmengeschichten, Mythen, Riten und Ritualen ausbilden, die eigene Normen und Standards entwickeln (Schreyögg 2002, S.56). Gerade bei Firmenzusammenschlüssen oder bei gemeinsamer Arbeit mit anderen Firmen prallen dann die unterschiedlichen bis gegensätzlichen Organisationskulturen aufeinander. Die Mikropolitik der Unternehmen versucht, die Auseinandersetzungen sachlich zu halten, damit daraus keine eskalierenden Konflikte entstehen. Allerdings können Umordnungsphasen in Unternehmen dafür sorgen, dass Regelwerke nicht etablieren und Konflikte durch Unordnung entstehen.
(3) Ursachen auf interaktiver Ebene Dies betrifft Bereiche, in denen Menschen aufeinander treffen und zusammen wirken. Dabei spielen die Persönlichkeiten eine große Rolle. Mit Hilfe von psychologischen Analysen lassen sich Ursachen für Konflikte ermitteln, die in der Psyche von Individuen verankert sind. Unter normativen Divergenzen versteht man hierbei unterschiedliche Wertvorstellungen und orientierungen von Menschen. Dies tritt besonders bei interkulturellen Begegnungen auf, bei denen Menschen wohl die divergierendsten Normensysteme haben.
(4) Ursachen auf individueller Ebene Dieser Punkt lässt sich wohl am wenigsten verallgemeinern, denn hier spielen die unterschiedlichsten Faktoren herein: Sowohl die Psyche als auch die Sozialisationsbedingungen sind schwer zu beschreibende Elemente. Jedoch lässt sich sagen: Je ähnlicher die aktuelle soziale Situation im Beruf der Situation in der Ursprungsfamilie ist, als desto befriedigender gestaltet sie sich für den Betreffenden, das heißt, als desto weniger konfliktträchtig wird sie von allen Beteiligten erlebt (Toman 1991; zit. n. Schreyögg 2002).
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Author: Stefan Greulich; Published by: Stefan Greulich (Stefan) factID: 124872.4 (...history); published on 19 Aug. 2003 17:26