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Konflikte haben einen ambivalenten Charakter. Einerseits sind sie dysfunktional, sie stören und unterbrechen die Arbeitsabläufe in Unternehmen und haben negative Auswirkungen auf die ökonomische und soziale Effizienz. Die Konfliktparteien verlieren in Konflikten häufig ihre gemeinsamen Aufgaben und Ziele aus den Augen.
Versteht man Unternehmen allerdings nicht mehr als für Spannungen anfällige Systeme, sondern als auf Problemlösung und Konklikthandhabung angelegte Strukturen, dann stellen Konflikte Störpotentiale dar, die Schwachstellen offenlegen und so Quelle für Flexibilität und Wandlungsfähigkeit sein können. Diese funktionalen Wirkungen von Konflikten treten aber erst durch eine aktive Konflikthandhabung hervor, Konflikte müssen gefördert und konstruktiv ausgetragen werden. Konflikte mit ausschließlich dysfunktionalen Wirkungen, deren Regelung für keine der betroffenen Konfliktparteien Vorteile erwarten lässt, sind möglichst bereits präventiv zu vermeiden.
Um Ansatzpunkte für die konstruktive Konflikthandhabung zu finden, bedarf es einer genauen Kenntnis der => Konfliktursachen. Erst das Entwickeln einer Ursachentypologie macht das Ableiten konkreter Maßnahmen zur präventiven Vermeidung von dysfunktionalen Konflikten möglich und nur so kann die Handhabung funktionaler Konflikte gezielt an deren Ursachen ansetzen. Das Problem der Ursachenanalyse liegt darin, dass sich hinter jeder Ursache weitere Ursachen befinden und Ursache und Wirkung sich zumeist gegenseitig bedingen. Zudem kann die Annahme und der Glaube, dass bestimmte Konfliktursachen vorhanden sind, erst den Konflikt heraufbeschwören und so zu einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung werden.
Die meisten internationalen Unternehmen betreiben lediglich eine Art Krisen-Managment, in dessen Rahmen eine ad-hoc-Bewältigung der auftretenden Konflikte vorherrscht. Diese Form der Konflikthandhabung schützt nur unzureichend vor einer Eskalation eines Konfliktes. Einen wichtigen Ansatz zur proaktiven Formulierung von Normstrategien zur Konflikthandhabung in international tätigen Unternehmen und zur gezielten Bewältigung von Konflikten haben Gladwin und Walter formuliert.
Der im folgenden angeführte Ansatz zur Handhabung von Konflikten bezieht sich im Allgemeinen auf alle in einem Unternehmen zu berücksichtigenden Anspruchsgruppen. Dies sind im Einzelnen: Eigentümer, Management, Mitarbeiter als interne Gruppen und Fremdkapitalgeber, Lieferanten, Kunden, Konkurrenz, Staat und Gesellschaft als externe Gruppen. Das Modell der Konflikthandhabung lässt sich aber auch speziell auf die Konflikte unter den Mitarbeiter in Arbeitsgruppen betrachten. Die besonderen Interessen und Ziele der Mitarbeiter sind: Einkommen, Sicherung des Arbeitsplatzes, soziale Sicherheit, sinnvolle Betätigung, Entfaltung der eigenen Fähigkeiten, zwischenmenschliche Kontakte, Status, Anerkennung, Prestige, humane Arbeitsbedingungen.
Gladwin und Walter definieren zu Konflikthandhabungsstrategien einen zweidimensionalen , der zum einen die Bestimmtheit, mit der Konflikte gehandhabt werden, und zum anderen die Bereitschaft des Unternehmens zu kooperativen Verhalten mit den Anspruchsgruppen in Relation setzt. Im Konfliktfall richtet sich die Bestimmtheit insbesondere nach dem finanziellen Ergebnis und der Macht des Unternehmens (z.B. Firmengröße, Management-Know-How, Konflikterfahrung), die Kooperationsbereitschaft wird maßgeblich durch die Interessen und Qualität der Beziehungen zu den Anspruchsgruppen bestimmt. Vereinfacht kann man die beiden Dimensionen also als Konfliktorientierung und Anspruchsgruppenorientierung bezeichnen. Daraus ergeben sich folgende Konflikthandhabungsstrategien:
Eine Wettbewerbsstrategie, also der Versuch den Konflikt zu dominieren und die Konfliktgegner zu unterdrücken, wird das Unternehmen wählen, wenn das finanzielle Ergebnis sowie die Machtposition des Konfliktes hoch sind und wenn außerdem ein unkooperatives Verhalten aufgrund schlechter Beziehungen zu den Anspruchsgruppen angebracht ist.
Die Vermeidung von Konflikten bietet sich in den Fällen an, in denen das Unternehmen eine nur geringe finanzielle Wirkung auf das Ergebnis durch den Konflikt erwartet und seine Machtposition sehr niedrig ist. Es besteht wenig Interesse am Konflikt und die Qualität der Beziehungen zu den betroffenen Anspruchsgruppen wird als unbedeutend betrachtet.
Problemlösungsstrategien erscheinen angebracht, wenn der Konflikt eine hohe finanzielle Bedeutung für das Unternehmen hat, dessen Machtposition stark ist und sowohl die Beziehungen zu den Anspruchsgruppen als auch ein Interessensausgleich mit ihnen wichtig erscheint. Nur ein kooperatives Verhalten mit den einzelnen Konfliktparteien führt in diesen Fällen zu befriedigenden Ergebnissen.
Die Anpassung wird empfohlen, wenn die finanzielle Bedeutung und die Machtstellung nur gering, die Beziehungen zu den Anspruchsgruppen aber sehr gut sind. Diese Strategie bietet sich an, wenn der Konflikt für die Konfliktgegner einen höheren Stellenwert als für das eigene Unternehmen hat und wenn die Ressourcen der Organisation für die Bewältigung anderer Konflikte oder in anderen Bereichen benötigt werden.
Die Kompromissstrategie beschreibt einen Mittelweg und findet Anwendung, wenn das Interesse des Unternehmens an dem Ergebnis und an den Beziehungen zu den Anspruchsgruppen moderate Werte annimmt. Der Kompromiss erweist sich als eine Alternativstrategie, wenn die Problemlösungs- oder Wettbewerbsstrategie nicht erfolgreich waren.
Gladwin und Walter schlagen aufgrund der hohen Komplexität der Konflikte in international tätigen Unternehmen eine Aufsplitterung eines Konfliktes in einzelne Fraktionen vor, die sich dann simultan und mit dem jeweils adäquaten Strategiemuster handhaben lassen.
Soll dieses Modell auf der Ebene von interkulturellen Arbeitsgruppen betrachtet werden, ist es sinnvoll Unternehmen und Anspruchsgruppen als die beiden Konfliktparteien anzusehen (man geht modellhaft von nur zwei Parteien aus), die den Konflikt nach des Bedeutung des Ergebnisses und der Wichtigkeit der bisherigen und zukünftigen Beziehungen zu dem Konfliktgegner bemessen. Anstatt nur das finanzielle Ergebnis zu betrachten, wie es vielleicht betriebswirtschaftlich Sinn macht, sind auf der persönlichen Ebene auch Faktoren wie Status, Prestige, sinnvolle Betätigung, zwischenmenschliche Kontakte und im interkulturellen Bereich insbesondere die Durchsetzung der eigenen Kultur und der eigenen Werte und Normen bedeutend.
Quelle: Dirk Ulrich Gilbert, Konfliktmanagement in international tätigen Unternehmen, Verlag Wissenschaft & Praxis 1998
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